«SRF TOP SHOTS» MIT MARKUS BÜHLER – EIN HUNDESCHLITTENRENNEN IN QAANAAQ

Freitag, 17. Februar 2017

Die Reportage von Markus Bühler beginnt mit einem Hundeschlitten-Rennen im Norden Grönlands. Seit bald 20 Jahren reist der Schweizer Fotograf zu den Thule Inuit. Er zeigt mit seinen Bildern einen Kulturwandel: Die Jungen wollen nicht mehr jagen und machen den Hundeschlitten zum Sportgerät. Markus Bühlers beeindruckende Fotografien entführen den Betrachter in eine fremde und zugleich faszinierende Welt. Im folgenden Interview berichtet er über seine Erfahrungen, die er im hohen Norden gemacht hat.

Die Sendung «Top Shots» begleitet Schweizer Fotografinnen und Fotografen auf ihren Reportagen. In der Staffel «Native Sports» reisen vier Fotografinnen und Fotografen zu sportlichen Wettkämpfen auf der ganzen Welt. Jede Sendung ist ein «Making-of» einer spannenden Fotoreportage.

Bild: Markus Bühler, Nikon D810, AF-S NIKKOR 70-200mm f/2.8, 1/2500s, f/5, ISO 160

Wie bist du anfangs 1997 darauf gekommen, nach Grönland zu reisen bzw. wie hat alles angefangen?

Ursprünglich war ich als kleiner Bub ein grosser Indianer-Fan – wie alle kleinen Jungs. Ich stellte dann jedoch bei unseren Familienferien in Amerika fest, dass es praktisch keine Indianer mehr gibt. Daheim hatten wir ein Buch über Eskimos. Da verstand ich, dass Indianer doch noch existieren, halt einfach als Eskimos. So wusste ich bereits als 10-jähriger, dass ich zu denen unbedingt mal hinreisen will! Später als Fotograf machte ich zusammen mit dem damaligen Journalisten Peter Stamm für die NZZ Wochenendbeilage ein Konzept über eine Grönland-Reportage. Der Zufall wollte es, dass der Auslandchef ebenfalls nach Grönland reisen wollte. 1997 reiste ich mit ihm dann schliesslich das erste Mal nach Qaanaaq. Dort tauchte ich in die Welt der Thule Eskimos ein und mir war klar, dass mich das Thema so schnell nicht mehr loslassen würde.

Bild: Markus Bühler, Nikon D810, AF-S NIKKOR 70-200mm f/2.8, 1/800s, f/6.3, ISO 160

Was fasziniert dich am meisten an Grönland?

Auf meinen Reisen zu den Thule Eskimos faszinierte mich am meisten die Wal-, Robben-, und Eisbärenjagd der Männer. Das versetzte mich ins 19. Jahrhundert zurück. Ausser dem Gewehr haben sie keine modernen Elemente mit dabei. Weit draussen auf dem Eis lebt man mit der Natur ohne festgelegte Gesetze. Du isst, wenn du Hunger hast und du schläfst, wenn du müde bist. Dein Essen jagst du selber. Es ist eine sehr archaische Welt mit härtesten Bedingungen. Zudem fasziniert mich die Extremlicht-Situation in Grönland. Thule liegt nur 1000 Kilometer südlich des Nordpols. Daher gibt es nur während vier Monaten einen normalen Tag- und Nacht-Rhythmus. Der Rest des Jahres ist immer entweder nur Tag oder nur Nacht. Das beeinflusst insbesondere auch das Zeitempfinden. Bei der letzten Reise waren wir auf Narwal-Jagd und wir warteten sieben Tage draussen auf dem Eis. Aber es kamen einfach keine Narwale. Während einer Woche wartet man am selben Ort und trotzdem dreht man nicht durch. Hier in der Schweiz könnte ich das nicht, aber dort ist es absolut normal.

Bild: Markus Bühler, Nikon D810, AF-S NIKKOR 24mm f/1.4, 1/1600 s, f/8, ISO 100

Was unterscheidet das Fotografieren in Grönland und in der Schweiz?

Der grösste Unterschied ist, dass man in Grönland viel mehr Geduld braucht als in der Schweiz. In Grönland muss man einfach viel länger warten bis etwas passiert. Das extremste Beispiel war die Eisbärenjagd, wo ich ganze vier Winter brauchte, um das erste Mal einen Eisbären zu fotografieren. Die vorangegangenen drei Winter verbrachte ich dort oben, ohne auch nur einen einzigen Eisbären gesehen zu haben. Ein weiterer grosser Unterschied ist die Energieversorgung für die digitale Kamera. In Grönland hatte ich immer unzählige Batterien dabei, denn draussen auf dem Eis gibt es ja keine Steckdose. Daher nähte mir meine Frau extra eine Spezial-Unterhose in Form eines «Munitionsgürtels», in dem ich die Batterien in Fächern aufbewahren konnte. So waren sie direkt am Körper und blieben warm.

Du bist auch als Reiseleiter für Nikon Travel in Grönland unterwegs. Welche Anforderungen stellst du an die Teilnehmer?

Man sollte bereit sein, sich auf eine fremde Kultur einzulassen und Geduld haben. Es ist eine Reise mit den Inuit in ihren Jagdhütten und Zelten. Man lebt zusammen mit ihnen draussen auf dem Eis und nimmt an ihrem Leben teil. Und wenn man Glück hat, sieht man wie sie jagen. Aber es ist nicht immer unbedingt das, was man erwartet. Denn in Grönland kommt es immer anders als geplant. Man taucht ab in eine andere, verborgene Welt, die absolut faszinierend ist. Man erlebt sozusagen eine doppelte Reise – eine Reise zu einer fremden Kultur und eine Reise zu sich selbst.

Bild: Markus Bühler, Nikon D810, AF-S NIKKOR 24mm f/1.4, 1/1000s, f/7.1, ISO 100

Erzähle uns doch etwas über das Shooting. Was war die Idee und wie ist es dazu gekommen?

Die Anfrage kam vom Schweizer Fernsehen. Sie suchten Fotografen, die exotische Sportereignisse kennen.  Da erzählte ich ihnen von den Hundeschlitten-Rennen in Grönland, die von Jugendlichen als Sportart betrieben werden. Die Väter brauchen den Hundeschlitten, um aufs Eis zu gehen und zu jagen. Die Jugendlichen haben keine Lust mehr Jäger zu werden, da sie keine Zukunft in diesem Beruf sehen. Für sie ist der Hundeschlitten reines Sportwerkzeug. Ich fand das Hundeschlittenrennen eine schöne Metapher, um diesen Wandel und den Druck auf die Thule-Kultur zu dokumentieren.

Bild: Markus Bühler, Nikon D810, AF-S NIKKOR 24mm f/1.4, 1/1500s, f/2.8, ISO 160

Was muss eine Kamera generell leisten, um bei solchen Projekten mithalten zu können?

Ich brauchte vor allem eine Kamera, die grosse Daten mit perfekter Bildqualität liefert, da es sich ja um ein Ausstellungsprojekt handelte. Ich hatte daher zwei Nikon D810 Kameras in Grönland dabei. Dieses Modell eignet sich perfekt. Dank dem 36 Megapixel-Sensor generiert die D810 hochauflösende Bilder, die nachher auf 1,5 – 2 Meter vergrössert werden können. Das war sehr wichtig für dieses Projekt. Und die Objektive waren alles Festbrennweiten, da ich keine Randunschärfe wollte. Die Nikon Festbrennweiten eignen sich dafür hervorragend. Ein sehr gelungenes Beispiel ist das Titelbild der Ausstellung und vom Buch «Vanishing Thule». Es ist ein Portrait des Inuit-Jägers Gedion Kristiansen, der inzwischen ein guter Freund von mir ist. Wenn man das Bild ansieht, fühlt es sich an, als ob man mit ihm zusammen dort draussen auf dem Eis steht!

Bild: Markus Bühler, Nikon D810, AF-S 35mm f/1.4, 1/1250s, f/2.5, ISO 125

Wie bist du zum Fotografieren gekommen und was bedeutet die Fotografie für dich?

Ich fing bereits in der 6. Primarklasse an zu fotografieren, als ich von meinem Vater eine alte Kamera bekam. Ich komme ursprünglich aus einem kleinen Dorf und aus einer Unternehmerfamilie. Der Beruf Fotograf war damals also nie wirklich ein Thema. Erst später, als ich die Lehre als Fotograf gemacht habe, wusste ich definitiv: Ich will Fotograf werden! Das wurde ich dann auch. Vom ersten Tag an war ich selbstständig.
Und was bedeutet Fotografie für mich? Ein Kollege von mir hat mal gesagt: «Wir befinden uns in einem lebenslangen Bildungsurlaub». Und genau das ist Fotografie. Als Fotograf hat man immer einen Grund irgendwohin zu gehen, um das Leben dort zu dokumentieren. Du kannst die Welt erforschen, entweder die vor der eigenen Haustüre oder fernab in einer fremden Kultur. Es ist kein Tag wie der andere. Man lernt jeden Tag etwas dazu und entdeckt neue Welten. Ich könnte mir nichts anderes vorstellen als Fotograf zu sein! Das war jetzt ein schöner Werbespot für den Beruf Fotograf (lacht).

Bild: Markus Bühler, Nikon D810, AF-S 35mm f/1.4, 1/400s, f/4, ISO 200

Welche Reaktionen hattest du nach der SRF Top Shots Sendung?

Die Sendung ist gleichzeitig gelaufen wie die Ausstellung «Vanishing Thule». Ich habe bisher nur positive Reaktionen erhalten. Und das Museum hatte noch nie so viele Besucher wie bei dieser Ausstellung. Das ist sicherlich auch wegen dem Fernsehbericht. Das Echo war daher gross und durchwegs positiv. Aber das wäre wahrscheinlich anders gewesen, wenn wir bei den Dreharbeiten einen Wal geschossen hätten. Dann hätte es garantiert Kritik gegeben. Viele Leute wollen den Inuit die Jagd verbieten, aber essen selber Nutztiere aus Schlachthöfen. Zudem soll die Kultur der Thule-Inuit nicht aussterben. Gleichzeitig schreiben wir ihnen aber vor, was und wie viele Tiere sie jagen dürfen. Das ist ein Widerspruch und geht einfach nicht auf.
Unter dem Strich kann ich sagen, dass ich seit dem Film nur noch am Arbeiten bin (lacht)! Die Sendung ist natürlich eine super Referenz und es war ein geniales Projekt. Auch die Zusammenarbeit mit dem Filmemacher Beat Häner hat viel Spass gemacht. Er war noch nie in Grönland und hat den Film ganz alleine gemacht. Chapeau!

Vielen Dank für das Interview, Markus.

Bild: Markus Bühler, Nikon D810, AF-S 35mm f/1.4, 1/500s, f/4, ISO 125


Die Top-Shots-Folge «Markus Bühler – ein Hundeschlittenrennen in Qaanaaq» online sehen.

Zu Top Shots


Mehr von und über Markus Bühler findet ihr auf seiner Website.

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