ROBERT SCHLESINGER MIT DER NIKON D850 UND DER Z 6 AUF NEUEN VISUELLEN WEGEN

Freitag, 12. Februar 2021

Robert Schlesinger begann seine Karriere als Foto-Journalist bei der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Mehr als zehn Jahre begleitete und fotografierte er Politiker auf internationalem Parkett. Seine Fotografien von Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften sowie von gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Ereignissen schafften es auf die Titelseiten internationaler Tageszeitungen und Magazine. Heute arbeitet Robert unter eigenem Namen als Automobil- und Lifestyle-Fotograf für Produkte, Marken und Persönlichkeiten verschiedener Branchen. Wir haben mit ihm über seinen aussergewöhnlichen Einstieg in die News-Fotografie, die Frage wie man sich neu erfindet und seine Vorliebe für Nikon-Kameras gesprochen.

Hallo Robert, unsere Aufmacher-Frage klingt vielleicht wenig spannend, die Antwort dürfte in deinem Fall dafür umso spannender sein – also: Wie bist du zur Fotografie gekommen?

Ich war 14, als mich das Fotofieber gepackt hat. Ich habe wie wild fotografiert, meine Ansprüche wurden schnell grösser, auch an die Fototechnik. Mein Ziel war eine Nikon D80, dafür fehlte mir allerdings das Taschengeld. Also habe ich mich bei Lokalzeitungen beworben und die Bilder zu kleineren Geschichten geliefert. Da habe ich dann Kollegen gesehen, die zwei Kameras umhängen hatten und ihre Bilder direkt vom Laptop aus gesendet haben. Ich dachte: Das will ich auch! Später bin ich dann über eine Agentur zu Parteitagen geschickt worden und irgendwann für die Agentur action press zu Terminen bis hin zum roten Teppich der Filmfestspiele von Cannes.

Robert Schlesinger

Ein paar Jahre später gehörtest du bereits zum Team der Deutschen Presse-Agentur dpa, der grössten Nachrichtenagentur hierzulande. Eine extrem schnelle und untypische Karriere. Wie hast du das geschafft?

Kurz gesagt: Ich hatte Biss. Ich habe mich einfach beworben, wurde aber knallhart abgelehnt, weil ich noch nicht einmal das Abi hatte. Es hiess: Ruf nochmal an, wenn du 18 bist! Das habe ich an meinem Geburtstag getan und durfte daraufhin ein zweiwöchiges Praktikum machen. Am ersten Tag – ich hatte meine eigene Nikon D3 dabei – hatten sie mir einen Kollegen zur Seite gestellt, der mich irgendwann fragte, wann ich denn meine Bilder in die Redaktion schicken würde. Schon passiert, sagte ich ihm. Tags darauf hatte ich meine erste Titelseite und durfte am folgenden Tag bereits einen Bundestagstermin allein wahrnehmen. Ich habe dann einen Volontariatsplatz bekommen und bin übernommen worden, obwohl das für jemanden ohne akademischen Hintergrund schon damals nahezu ausgeschlossen war.

Gibt es so etwas wie Lieblingsbild aus deiner dpa-Zeit?

Einige, vor allem aus dem Bereich Politik. Diese Momente fand ich superspannend: Barack Obamas Rede an der Siegessäule in Berlin, Bundeswirtschaftsminister Guttenberg auf dem Times Square oder das Merkel-Bild, das bei einem Karnevalsempfang im Kanzleramt entstanden ist ...

Angela Merkel beim Karnevalsempfang im Kanzleramt (Foto: Robert Schlesinger/dpa)

… und das wir hier zeigen. Ein bemerkenswertes Bild, das die auch bei menschelnden Presseterminen meist nüchterne Kanzlerin gelöst, ja geradezu beschwingt, zeigt.

Genau das war mein Ziel: eine persönliche, entspannte Seite von ihr einzufangen und ein Bild zu machen, das auch jenseits des unmittelbaren Events funktioniert. Der dauerte gerade mal fünf Minuten, ich habe mich ganz auf Merkel fokussiert und – anders als die Kollegen – das komplette Kanzleramt-Setting bewusst aussen vor gelassen.

Während der dpa-Zeit hast du ausschliesslich mit Nikon fotografiert – und bist dabei bis heute geblieben. Warum?

Eigentlich habe ich mein ganzes berufliches Leben mit Nikon fotografiert. Das liegt vor allem an dem aus meiner Sicht unerreichten Bedienkonzept. Natürlich habe ich auch nach links und rechts geschaut, bin am Ende aber immer bei Nikon geblieben. Die Kameras sind einfach sehr intuitiv, die Einstellräder, die unmittelbare Autofokus-Steuerung über die Wippe, das Feedback, das dir die haptischen und optischen Elemente geben. Eine Nikon-Kamera fühlt sich weniger an wie ein reines Werkzeug, eher schon wie eine Wegbegleiterin.

Inzwischen bist du freier Auto- und Lifestyle-Fotograf und fotografierst mit der Nikon D850 und der Z 6. Wann nutzt du welche Kamera?

Die D850 ist bei mir immer bei Jobs am Start, bei denen es auf eine möglichst hohe Auflösung ankommt. Ausserdem schätze ich das Feedback des Lichts auf dem Spiegel und die extrem hohe Treffsicherheit des Autofokus gerade bei schlechten Lichtbedingungen. Für Autokunden mache ich ja oft echte Fahr-Aufnahmen, z. B. von einem nebenher fahrenden Pick-up aus, da ist die D850 Gold wert. Bei vielen anderen Motiven ziehe ich hingegen die Z 6 vor, schon weil sie geräuschloser ist. Besonders hilfreich ist das bei Reportagen. Ich habe zuletzt beispielsweise für mein eigenes Buchprojekt viel für Gastronomen gearbeitet, da fängt man mit so einer Kamera ungestellte Motive ein. Dabei hilft auch das schwenkbare Display, mit dem man einen neutraleren Blickwinkel einnehmen und stürzende Linien vermeiden kann. Es ist eine ganz andere Art der Fotografie.

Je nach Aufgabe fotografierst du mit 24 mm 1.4, 35 mm 1.4, 50 mm 1.4 und einem 70-200-mm-2.8-Objektiv, sprich schwerpunktmässig mit Festbrennweiten. Warum?

Viele meiner Aufnahmen mit der Z 6 entstehen sogar mit einem einzigen Objektiv, nämlich dem NIKKOR Z 35 mm 1:1,8 S. Die Qualität der Z-Objektive, gerade die der Festbrennweiten, ist einfach überragend. Hinzu kommt: Ich mag die Leichtigkeit der Optik, und ich mag es, mich zum Motiv zu bewegen und ganz bewusst zu „framen“. Ich würde sogar so weit gehen zu sagen, dass das Motiv, wenn es nicht in diesen Rahmen passt, meist auch kein lohnendes ist.

Wenn wir dein Portfolio betrachten, fällt uns ein Schlagwort ein: Larger Than Life. Die meisten deiner Bilder besitzen diese visuelle Überhöhung, der Eyecatcher erst ermöglicht. Wie viel drehst du nach dem Shot, um diesen Effekt zu erreichen?

Gar nicht viel, meist entwickle ich lediglich das RAW und nehme ein paar Farb- und Kontrastkorrekturen vor. Mein Ziel war es, mich von Postproduktionern unabhängig zu machen. Deshalb habe ich ein paar Standard-Routinen entwickelt, die meinen Look bestimmen. Hinzu kommt: Ich bin kein Photoshop-Bastler. Composings und tiefe Eingriffe machen mir schlicht keinen Spass. Vielmehr versuche ich, so viel wie eben möglich beim Auslösen selbst umzusetzen.

Hast du dafür ein Beispiel?

Das wohl extremste Beispiel ist die Aufnahme der Lufthansa-Maschine. Die habe ich nämlich von einem Ausbildungsflugzeug, das nebenher flog, mit der D850 im Morgenlicht gemacht. Ich dachte mir: Wenn das mit Autos funktioniert, warum nicht mit Flugzeugen? Ich habe die Agentur überzeugen und am Ende „liefern“ können.

Dein Wettbewerbsumfeld ist hart …

… mit steigender Tendenz, gerade auch im Automotive-Bereich. Mein Jahr war aber trotz Corona ziemlich gut, nicht zuletzt dank meiner Unternehmer-Kampagne #wirsindberlin, die gleich zu Beginn der Pandemie Mittelständlern unterschiedlichster Branchen geholfen hat, Gesicht zu zeigen.

Warum, glaubst du, buchen dich deine Kunden?

Puh, das ist immer schwer zu sagen. Ich vermute, es liegt nicht zuletzt an meiner Beweglichkeit und Schnelligkeit. Grundsätzlich denke ich: Einfach machen! Das bedeutet auch: Einfach mal vom vorgezeichneten Pfad abweichen, buchstäblich abbiegen und spontan auf die sich ergebenden Situationen oder Orte reagieren. So ist die Aufnahme mit Wotan Wilke Möhring entstanden. Wir fuhren in diese Unterführung am Flughafen Berlin-Tegel, ich habe die vier Röhren gesehen und sofort an die Parallele zu den vier Audi-Ringen gedacht. Das Sonnenlicht fiel durch die Betondecke wie durch den Perforationsstreifen eines Films, wir hielten an, ich machte ein paar Auslösungen und überzeugte die Crew, dass wir genau hier unser finales Motiv gefunden haben.

Fehlt dir eigentlich irgendetwas aus deiner Zeit als News-Fotograf?

Tatsächlich bin ich sehr froh, dass ich den Sprung in die Selbstständigkeit gewagt habe, auch wenn es anfangs nicht immer leicht war. Inzwischen kann ich mich über mangelnde Anfragen wirklich nicht mehr beklagen. Gleichzeitig habe ich viel mehr Möglichkeiten, meine visuellen Ideen umzusetzen. 

Wotan Wilke Möhring bei einem Shooting für Audi

Was ich witzigerweise wirklich manchmal vermisse, ist der Stressfaktor der Nachrichten-Fotografie. Die Anspannung, nicht zu wissen, wann, wo, in welchem Licht und aus welcher Himmelsrichtung ein Politiker eintrifft, das habe ich immer als beflügelnd empfunden.

Abschliessend: Gerade sollte in Düsseldorf eine Ausstellung mit freien Arbeiten von dir starten, die coronabedingt leider bis auf Weiteres eingefroren wurde. Unter den Bildern ist auch eines deiner bekanntesten: #stopeatinganimals. Zu sehen ist eine Frau, die ein riesiges Steak vor dem nackten Oberkörper hält und ein Hund, der von rechts ins Bild gereicht wird. Willst du künftig mehr im Bereich Kunst machen?

Es ist auf jeden Fall ein interessanter Markt in dem man mit weniger, dafür provokanteren bzw. pointierteren Bildern wahrgenommen wird. Das gilt meiner Erfahrung nach vor allem, wenn man nicht versucht, auf einen bereits fahrenden Zug aufzuspringen, sondern seine eigene Sprache weiterentwickelt. Hinzu kommt: Mittlerweile liebe ich es, meine Bilder als grosse Prints zu sehen. Man begreift sich und den eigenen Stellenwert dann irgendwie selber mehr. Ausserdem ist ein Bild an einer Wand für mich der Inbegriff echter Entschleunigung.

WHAT'S IN MY BAG

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