Wolkentürme, Nordlichter, eindrucksvolle Blitze oder die Milchstrasse. Wer sich mit diesen Motiven befasst, stösst schnell auf die Werke von Jonas Piontek. Er reist mit seinem Nikon-Equipment über die Kontinente und hält Wetter- und Naturereignisse atemberaubend in Bildern fest. Wir hatten die Gelegenheit, mit ihm zu sprechen, um mehr über seine fotografische Arbeit und sein Leben als „Stormchaser“ zu erfahren.

Blitze bei Bielefeld | D850 | 1.3s | f/9 | ISO 100

Jonas, verrate uns zum Anfang etwas über deine Person.

Ich bin 24 Jahre jung, geboren und aufgewachsen in Grünberg in Mittelhessen. Dort hat meine Mutter ein Reisebüro, dies ermöglichte es mir von Kindesbeinen an, oft in der Welt unterwegs zu sein. Bis heute unterstütze ich meine Mutter und hoffe, im Herbst meine Ausbildung zum Tourismus-Fachwirt abzuschliessen. Seit dem erfolgreichen Abschluss meines Studiums des „Creatives Industries Management“ bin ich selbstständig als Fotograf und Mediengestalter. Verbunden mit dem Reisebüro hoffe ich dann, meine Foto-Workshops weiter auszuarbeiten.

Wann und wie hat dich die Faszination an der Fotografie gepackt?

Die extreme Seite der Natur hat mich schon immer sehr interessiert und gefesselt. Es war, glaube ich, 2010, als ich mir zum ersten Mal die Kamera meines Vaters schnappte und dann schnell merkte, dass es mir viel Spass macht, die Dramatik der Natur im Bild festzuhalten und künstlerisch in Szene zu setzen. Diese dramatische und zerstörerische Seite eines Unwetters hat auch sehr schöne Aspekte, wenn du in der richtigen Position stehst. So ist es schnell zu einer Leidenschaft geworden, dies festzuhalten.

Seit wann bist du Nikon-Nutzer und was begeistert dich an Nikon?

Die erste eigene Kamera kaufte ich mir 2011 – eine Nikon D5100. Diese begleitete mich auch einige Jahre, bis ich 2015 mit einer Nikon D4s auf Vollformat umgestiegen bin, der Zugewinn an Dynamik und Lichtempfindlichkeit war doch gewaltig. Die Nikon D4s nutze ich seitdem.

Gewitter-Böenwalze in Helena, Oklahoma | D850 | 1/320s | f/4.3 | ISO 320

Mit welcher Ausrüstung bist du unterwegs, welche Objektive nutzt du?

Neben der Nikon D4s begleitet mich die Nikon D850 überwiegend mit dem AF-S NIKKOR 28 mm 1:1,4 E ED darauf. Ebenso sind das AF-S NIKKOR 14-24 mm 1:2,8G ED, das AF-S NIKKOR 24-120 mm 1:4G ED VR und das AF-S NIKKOR 70-200 mm 1:2,8E FL ED VR immer mit dabei. Damit decke ich die Spannweite, welche ich für die Gewitterfotografie benötige, sehr gut ab. Meist nutze ich dann das AF-S NIKKOR 24-120 mm 1:4G ED VR, da es mir den grössten Spielraum bei der Brennweite bietet und es bei meinen Motiven oft sehr schnell gehen muss. Wolkenbilder ändern sich oft im Sekundentakt und bei einem Objektivwechsel verpasst du sonst den richtigen Moment. Mein Lieblings-Objektiv ist trotzdem das AF-S NIKKOR 14-24 mm 1:2,8G ED, da massive Wolkenformationen bei Gewitter erst im Weitwinkel ihre eindrucksvolle Schönheit zur Geltung bringen. Mein Objektiv hat hier schon schwer gelitten, aber leistet mir mit seiner Robustheit immer noch treue Dienste.

Asperatus: Verrückte Wolkenformationen und dynamische Himmel sind um Gewitter herum an der Tagesordnung.

Wie beschreibst du deinen Fotografie-Stil?

Mein Stil bei den Fotos bewegt sich irgendwo zwischen Action-Shoots und Fine-Art-Fotografie. Neben der Gewitterjagd sind Landschaften meine zweite grosse Leidenschaft. Hierbei kann ich es geniessen, mir Zeit zu lassen und mir Gedanken über den Bildaufbau und dessen Umsetzung zu machen, was im Gewitter meist nicht möglich ist. Doch die Grenzen sind fliessend. Wenn du einen Sturm erwischst, der nur langsam zieht und du am passenden Platz stehst, dann geht eines in das andere über. Ansonsten habe ich auf Gewitterjagd keine besonderen technischen Ansprüche, da der Himmel mein Element ist und der Boden selten Teil der Komposition ist.

Wer oder was inspiriert dich?

Es gab und gibt viele Fotografen, die mich inspirieren. Da ich Autodidakt bin, holte ich mir viele Ideen von Fotografen, welche ich inzwischen glücklicherweise zu meinen persönlichen Freunden zählen kann. Wir lernen gegenseitig von der Arbeit des anderen und setzen somit unsere eigenen Ansprüche immer höher. In der Landschaftsfotografie ist das Nicolas Alexander Otto, mit dem ich schon einige Trips auf die Beine stellen konnte. Bin ich mit ihm unterwegs, merke ich immer wieder, wie ich mir auf der Jagd nach epischen Himmels-Szenen deutlich mehr Gedanken über den Aufbau mache. Nebenher haben wir auch immer sehr viel Spass zusammen – was letztendlich eine zusätzliche Motivation ist. Nicolas ist technisch sehr versiert, so durfte ich in den vergangenen Jahren viel von ihm lernen. Wir sind momentan auch gemeinsam in der Planung eines Workshops an unseren Lieblings-Locations im Arktischen Norden. Bei der Gewitterfotografie steht Mike Olbinski bei mir als „Gott der Gewitter- und Zeitraffer-Fotografie“ inspirierend ganz oben. Ebenso meine Teamkollegen Boris Jordan und Stephen Locke, die unglaublich viel Wert auf technisch einwandfreie Fotos legen und die ich seit den Anfängen meiner Fotografie verfolge.


„Wenn die Natur am kreativsten ist, 
bin ich es selbst auch.“

Wann bist du am kreativsten?

Wenn die Natur am kreativsten ist, bin ich es selbst auch. Wenn du tausende Kilometer im Auto unterwegs warst, könntest du meinen, dass dir die Motivation und Kreativität ausgehen. Doch sobald ich vor einer Gewitterfront aussteige und der Donner meinen Körper vibrieren lässt, bin ich voll da. Das ist ein Gefühl, als ob ein Kind an den Pforten von Disneyland steht. Gewitter erlauben unendlich viele Perspektiven und wandeln sich so rasant, dass jedes Bild andere zentrale Elemente enthält. Meist ist da nicht viel Spielraum für eigene Kreativität. Später am Monitor mit der Nachbearbeitung denke ich oft, ich bin nicht mehr so kreativ, einfach weil ich mir ein Gewitter lieber in Echt anschaue.

Verrate uns bitte drei Fotografie-Tipps. Was rätst du anderen Fotografen?

Du benötigst nicht das teuerste Equipment, um gut zu fotografieren. Mit Talent und geschultem Blick entstehen mit einer günstigen Kamera bessere Bilder, als unmotiviert mit einer teuren Vollformat zu „knipsen“. Zu viele legen Wert auf teure Technik, doch nur weil du einen guten Topf hast, kannst du noch lange nicht gut kochen.

Stürmischer Sonnenuntergang, Dodge City, Kansas | D850 | 1/125s | f/5.6 | ISO 320

Wie schwer ist es, Blitze zu fotografieren?

Viele fragen mich nach der Blitzfotografie. Es ist kein Hexenwerk, Blitze abzulichten und es kommt nicht darauf an, im richtigen Moment auf den Auslöser zu drücken. Bei Nacht ist die Langzeitbelichtung das perfekte Mittel, um keinen Blitz zu verpassen. Tagsüber verwende ich einen Blitz-Trigger wie den Strikefinder 2, doch auch viele andere Anbieter in dem Segment haben tolle Technik. Zu guter Letzt rate ich: Lasse dich niemals von einem Misserfolg demotivieren. Als Sturmjäger kam ich unzählige Male ohne ein einziges Foto nach Hause, das kann frustrieren. Doch wenn du bei der nächsten oder übernächsten Tour dann vor einem genialen Motiv stehst, ist das Vorangegangene sofort vergessen und du wirst für die Beharrlichkeit belohnt. Wie überall im Leben liegen Erfolg und Misserfolg sehr eng beieinander.

Welcher Tipp war für dich damals als Anfänger der wertvollste?

Der beste Tipp, den ich damals bekam, war, dass verschiedene Perspektiven meist ganz unterschiedliche Resultate hervorbringen. Nicht einfach darauflos fotografieren, sondern sich kurz Gedanken machen über den Winkel und die Sichtweise. Mit der digitalen Fotografie ist es sehr leicht, so viel als möglich zu probieren und alles was nichts war, sofort zu löschen. Es bleiben nur die guten Fotos übrig als Erfolgserlebnis.

An welchen Locations fotografierst du am liebsten die Wetterphänomene?

Mein absoluter Lieblingsort ist der Maracaibo-See in Venezuela. Hier – und nur hier – treten die Catatumbo-Gewitter auf, welche an bis zu 300 Tagen im Jahr den Himmel mit einem Blitzfeuerwerk füllen. Für mich der perfekte Ort, ohne dass ich tausende Kilometer fahren muss. Tagsüber ist es ein tropisches Paradies mit Regenwald, bei Nacht dann eine Gewitterhölle mit Blitzen, Donner und Regengüssen.

Klingt sehr beeindruckend. Ebenso aufregend war deine Reise in die USA, erzähle uns hiervon etwas mehr, bitte. Lief alles wie geplant?

Die „Tornado Alley“ gehört zu den Orten der Welt mit der höchsten Tornado-Dichte, dort wollte ich seit vielen Jahren schon hin. So zog ich mit meiner Teamkollegin Steffi im Mai 2019 los nach Denver. In Kansas gesellte sich unser Freund Jaxson noch hinzu, rund um seine Heimatstadt Wichita ist einer der Schwerpunkte der Tornados, so war dies unsere perfekte Homebase. Dort fanden wir ein paar Stunden Schlaf in den Pausen und planten die nächsten Touren. Über das Internet verabredeten wir uns auch mit Bekannten aus der ganzen Welt, um gemeinsam auf die Jagd zu gehen und lernten viele neue interessante Menschen kennen, die unsere Passion teilten.

Beim Wetter müssen viele Faktoren stimmen, um ein wirkliches Unwetter entstehen zu lassen. Ein solches Unwetter ist sehr gefährlich, jedoch auch unbeschreiblich schön anzusehen. Der Frühling 2019 war im mittleren Westen der USA sehr nass, so waren ganze Landstriche in Kansas und Oklahoma überflutet und nicht passierbar. Einerseits ist die Feuchtigkeit essenziell, um Gewitter entstehen zu lassen, jedoch war dadurch häufig dichter und hartnäckiger Hochnebel vorhanden, der uns über Tage den Blick versperrte. Ein Worst-Case-Szenario für einen Gewitterfotografen – du hörst und spürst das intensive Wetter, siehst jedoch nichts.

Als Gewitterjäger kennt man das Wort „Chaser Konvergenz“ nur zu gut. Es beschreibt den Moment, wo gefühlt eine ganze Kleinstadt das gleiche Gewitter jagt. Wir machten auf unserem USA-Trip unsere eigene "Deutsche Chaser-Konvergenz".

Ist der Aufenthalt so nahe an einem Tornado nicht sehr gefährlich?

Ja, aufgrund des Hochnebels kam es, dass wir entstehende Tornados nicht sahen und gerieten zwei Mal selbst in kritische Situationen, in denen die heftige Zirkulation über unseren Köpfen auftauchte. Das ist das Risiko, auf das du dich beim Stormchasing einstellen musst. Das war mit Abstand die grösste Herausforderung, der ich mich stellte. An Gewittern mangelte es nicht, da sich die Wetterlage über Wochen nicht änderte. Es zehrt jedoch an den Nerven, wenn du über viele Tage nur zwei bis drei Stunden Schlaf findest und tausende Meilen über Land fährst, um nichts zu verpassen – das bringt dich an deine Grenzen. Doch ich würde und werde es sicher sofort wieder tun, da es ein einzigartiges Erlebnis war, welches dich nachhaltig mit Energie erfüllt. Wenn du nahe des Rotations-Zentrums einer Superzelle den Tanz der Wolken erleben und fotografieren kannst und dir kurz zuvor noch 10 cm dicke Hagelkörner um die Ohren geflogen sind, entstehen einmalige Bilder.

Tornado in McCook, Nebraska | D850 | 1/250s | f/8 | ISO 320

Was hättest du gerne als Ausgleich zu diesen Unwettern noch in den USA fotografieren wollen?

Gerne hätte ich nach diesen turbulenten Tagen noch einige Zeit in Colorado verbracht, um in Ruhe die Great Sand Dunes zum Beispiel zu fotografieren. Diese Aussicht, zwischen schneebedeckten Bergen auch gewaltige Sanddünen abzulichten, reizt mich sehr. Leider gab es der Zeitplan nicht her, doch ich werde sicherlich zurückkehren, da die Landschaft in Amerika unbeschreiblich vielfältig und spektakulär ist.

Blitzeinschlag in Arthur, Nebraska | D850 | 20s | f/9 | ISO 80

Was ist bei der Gewitter- und Tornado-Fotografie besonders zu beachten?

Die Sicherheit hat hier immer oberste Priorität. Natürlich ist es ärgerlich, ein tolles Foto zu verpassen, da du nicht aus dem Auto aussteigen kannst, doch kein Foto ist es Wert, das Risiko einzugehen, vom Blitz getroffen zu werden. Die Blitze sind ein weitaus höherer Gefahrenfaktor als der Tornado selbst, ausreichend Abstand zu halten ist immens wichtig. Ebenso immer einen Plan B im Kopf zu haben, um rasch reagieren zu können, falls du doch zu nahe herankommst. Wenn du mit dem Auto unterwegs bist, konzentriere dich trotz allem Jagdfieber und werde nicht leichtsinnig. Dann kommen der Spass und die Faszination auch nicht zu kurz.

Jonas, verrätst du uns zum Abschluss, was du in der nahen Zukunft planst?

Ich werde mit meinem Freund und Teamkollegen Nicolas Alexander Otto Workshops und Fotoreisen veranstalten, um interessierten Leuten die Faszination zu vermitteln. Die Ziele sind wahrscheinlich die Lofoten, Senja und die Lyngen-Alpen im Norden – dort sind die Nordlichter ein atemberaubendes Erlebnis. Weiterhin möchte ich weitere Länder bereisen, in denen es häufig Gewitter gibt. Argentinien, Australien, aber auch nähere Regionen wie Italien, Kroatien, Spanien oder Rumänien. Dies zu planen muss jedoch warten, bis ich meinen Abschluss als Tourismus Fachwirt habe. Doch ich freue mich unbeschreiblich darauf, noch viele Menschen kennenzulernen, die wie ich an so verrückten Orten mit der Kamera unterwegs sind.

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